Orient trifft Okzident
Wunderschön - Orient trifft Okzident in Winnenden
Es muss schon einen besonderen Grund geben, wenn der Applaus am Ende einer Veranstaltung verhaltener klingt als von allen gewollt. Und tatsächlich: den gab es auf zauberhafte Art und Weise. Aber der Reihe nach.
Am Samstagabend hatte die Stiftung Stadtkirche St. Bernhard in Winnenden zu einer besonderen Veranstaltung in der Stadtkirche eingeladen: einer Tanzshow orientalischer Tänze zu klassischer und zeitgenössischer Musik, eine Benefizveranstaltung (sämtliche Einnahmen wurden gespendet) zu Gunsten der Stiftung.
Nach der Begrüssung durch die Pfarrerin Heike Bosien führte Bernd Hellerich vom Winnender Wein und Kulturverein WWKV auf wohltuend zurück-genommene und doch informative Art durch das Programm und liess das Publikum nicht allein in der Welt, in die es nun entführt wurde.
Lichter erloschen. Den Reigen eröffnete der Kerzentanz, das Auge des Herzens von Francesco Mandini. Die Tänzerinnen trugen Teller mit brennenden Kerzen auf die Bühne, um sie sich dann in der Bewegung, im Tanz, auf den Kopf zu setzen. Weiter zu tanzen und das Publikum in eine schöne, eine andere Welt zu entführen.
Es folgten Kompositionen von Mozart, dessen Begeisterung für den Orient ja legendär geworden ist. Musikstücke, die in der Farbenpracht, der Anmut und des Temperaments der Tänzerinnen ihren Widerhall fanden. Besonders beeindruckend die bunte Vielfalt von grün in den Schleiern und Kleidern, allesamt aus Kairo und größtenteils Originalkostüme.
Die kleine Nachtmusik einmal ganz anders: im Arrangement Karim Nagi. Eingearbeitet sind Trommelsoli, wie es sie in Bauchtanzshows immer gibt. Hier vorgetragen in Form von Shimmies, schnellen Zweierbewegungen: vor, zurück. Auf, ab. So schnell und rasant, daß sie nicht mehr gezählt werden können. Wie Zitterbewegungen des ganzen Körpers, eins geworden mit der Musik.
In die Begeisterung des Publikums das nächste highlight: Isis wings, ein Schleiertanz zu Ausschnitten aus Carmina Burana von Orff im Arrangement von Edwin Morton, bei dem tänzerisch die Übergabe des Säbels des Hausherren an die Frau dargestellt wird, die von nun an das Haus beschützen soll. Auch hier: grossartige, originale Kostüme mit Flügeln, farbenfroh, übergroß, beherrschend.
Zur Abrundung des ersten Teils tanzte Raihana einen orientalischen Tanz zu klassischer Musik, vereinte Sinnlichkeit und Tanz in einzigartiger Weise.
Nach der Pause, die der WWKV mit einem tollen Weinangebot und die Stiftung Stadtkirche mit Fingerfood abkürzen half, Leila, die Nacht, der erste Tanz. Ein serbischer Zigeunertanz, dann ein orientalischer Tango. Gruppentänze in einer Vielfalt und Inbrunst vorgetragen, die wirklich jeden Zuschauer und Zuschauerin mit allen Sinnen erreichte und berührte.
Gitarro latino, das mittelalterliche Andalusien, in rot gewandete Tänzerinnen mit der typischen Blume im Haar. Unvergessliche Bilder. Auch beim vorletzten Stück, windows of the east von Ron Goodwin, den Raihana wieder allein als Federtanz tanzte. Das wunderbare Zusammenspiel von Musik und Tanz, das durch eine perfekte Choreografie in sich stimmig das Publikum mitnahm.
Der Abschluss dann ergreifend schön: zu Leonard Cohens Hallelujah gesungen von Andrea Bocelli kamen alle vierzig Tänzerinnen mit Kerzen auf die Bühne. Mehr noch: jede Zuschauerin und jeder Zuschauer erhielt eine eigene brennende Kerze, was eine schöne und fast andächtige Stimmung in der Kirche erzeugte. Und ganz am Schluss trat sie noch vor ihre Tänzerinnen und vor ein restlos begeistertes Publikum. Sie, der an diesem Abend ein Meisterwerk gelungen war: Raihana - Andrea Luikh.
Das Publikum dankte es ihr und ihren Tänzerinnen mit anhaltendem Applaus. Verhaltener, aber umso schöner, waren doch Hunderte brennende Kerzen auch in den Händen des Publikums der Grund. Eine wunderbar geglückte Verbindung von Orient und Okzident. Einmalig.
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